
Was koche ich für mich allein?
Eine Frage, die die meisten wohl erstmal mit Fastfood oder was schnell Gekauftem beantworten. Ganz anders Sybil Gräfin Schönfeldt. Wie sie dieses tägliche Problem von Alleinlebenden löst – ob jung oder alt, Witwe oder überzeugter Single – liest sich fast wie eine Autobiografie. Sie schöpft aus dem Reichtum ihrer Erfahrungen als Food-Journalistin und aus dem Schatz an Familienrezepten, die sie den Lesern freizügig zur Verfügung stellt.
Aus den höchst persönlichen Erinnerungen spricht ihre lebenslange Liebe zum Kochen – für sich und für andere: Freunde und Familie, gern in größerer Runde. Nun hat sie aus diesen Rezepten wunderbare Ideen für die Single-Küche entwickelt. Nebenbei ist dieses locker und leicht erzählte Kleinod auch ein Stück kulinarischer Familiengeschichte, zusammengestellt aus dem Reservoir ihrer weitläufigen und weit gereisten Vorfahren.
Bei vielen Gerichten erlebe ich immer wieder, dass Freunde fast ungläubig fragen: »Diese Arbeit machst du dir noch? Das gibt’s doch auch in Dosen! Oder tiefgekühlt!« Mag sein. Ich koche aber gern. Und ich koche manchmal gern die großen alten Gerichte wie früher. Ja, natürlich macht das Arbeit. Alles, was gut werden soll, braucht seine Zeit.
Aber erstens habe ich jetzt Zeit in meinem Leben. Und zweitens ist es ein sinnliches Vergnügen, eine Creme im Wasserbad zu rühren und zu sehen, wie sie Gestalt annimmt, weiche, schwunghafte Spuren formt. Erst recht den Hefeteig zu kneten, seine lebendige Fülle, sein Atmen unter den Händen zu spüren, dann durchs Fenster des Backofens zu verfolgen, wie er sich in der Hitze bläht und bräunt.

Es gibt noch einen dritten Punkt, der vielleicht der wichtigste ist. Zum Kochen braucht man »Seelenruh«, wie Wilhelm Busch gesagt hat. Wenn ich koche und backe und brate, habe ich Zeit zum Nachdenken. Ich schaue friedlich zu, wie sich das Eiklar in der Pfanne zu dem makellosen Weiß verwandelt, in dem das Dotter noch reiner und goldener aussieht.
Ich sehe die Grießnockerln langsam im simmernden Wasser nach unten sinken und am Topfboden ihren langsamen Grießnockerltanz tanzen, sehe sie schwellen und sich glätten, und irgendwann stößt sich eines von ihnen vom Boden ab und steigt wie eine Seejungfrau empor.
Das ist so friedlich und so vertraut, dass sich der Rest der Alltagshetze, falls er auch mich gepackt hat, in nichts aufgelöst hat und die Gedanken von ganz alleine kommen und ihre eigenen Wege gehen und sich manchmal so klären, wie sich die Fleischbrühe klären kann, wenn ich sie richtig behandle.
ISBN 978-3-0360-6001-9
edition-momente.com
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