Wild Thing – Modeszene Schweiz

Mode ohne Massenproduktion, ohne den roten Teppich Hollywoods und ohne internationale Fashion Weeks – kann das funktionieren? Die globale Mode und der damit zusammenhängende Ressourcenverschleiss stehen heute unter grossem Rechtfertigungsdruck. Allerorten wird ein Systemwechsel gefordert, um lokaler und direkter auf den effektiven Bedarf der Kundschaft hin zu arbeiten. In der Schweiz, wo keine grosse Industrie mehr existiert, könnten sich gerade dadurch für die hiesige Modeszene neue Perspektiven auftun. Fernab vom Diktat der Modezentren erproben kleine Labels, Kollektive, junge Studienabsolventinnen und etablierte Marken ihr Potenzial auf dem Modemarkt.

Die Ausstellung Wild Thing zeigt mit über 50 Designpositionen, wie erfinderisch und kreativ die Mode auch abseits ihrer bekannten Pfade agiert. Gleichzeitig macht die Ausstellung bewusst, wie fragil dieses System ist, das ohne die üblichen Sicherheiten auskommen muss. Auf dem Markt bestehen «Schweizer Mode» existiert nicht – zumindest nicht als übergreifender Brand. Bezeichnend ist zudem, dass es hierzulande nur wenige grössere, dafür umso mehr kleine Labels gibt. So prägen viele und sehr unterschiedliche Haltungen und Herangehensweisen die Designkultur der Modeszene Schweiz. Im Upcycling von Textilien steckt gleichermassen kreatives Potenzial wie in der gekonnten Adaption bestehender Streetstyle-Codes. Manchmal kreiert der Designer auch gleich den Stoff für seinen Entwurf – und schafft damit ein unverwechselbares Label.

Mit einer eigenständigen Sprache und Erfindergeist richten sich die Schweizer Modedesigner clevere Business-Systeme ein, positionieren sich auf eigene Faust in Berlin oder jonglieren im Modezirkus in Paris mit. Der Anschluss ans internationale Modegeschäft ist dabei weder garantiert noch ausgeschlossen. Doch jene, die ohne Industrie produzieren, sind einem rauen Wind ausgesetzt. Manche überleben bloss ein paar Saisons. Andere wiederum halten sich bereits lange im Geschäft und schaffen es, den schnellen Rhythmen der Modewelt mit Konstanz entgegenzutreten.

Museum für Gestaltung Zürich, zhdk.ch

Bilder:
Oben: NCCFN, Nothing can come from nothing / Ex nihilo nihil fit, 2020, (Foto: Florian Spring)
Mitte: v.li.n.re.: Julia Heuer, Funny Animals, AW 2020, Foto: Anaïs Horn, Komposition: Pastor Placzek XR Studio, Model: Marcelle Koum / mi: Kazu, Tsukuyomi (Mondgott), (2019, Foto: Christian Schnur) / re: Claudia Bertini, Shirtdress Pool, Lookbook 5, Art Direction: Virginia Maissen (Foto: Andrea Diglas)