Giorgio de Chirico – Magische Wirklichkeit

Erstmalig ist in Hamburg mit „Magische Wirklichkeit“ eine Ausstellung zu dem italienischen Künstler Giorgio de Chirico (1888–1978) zu sehen, einem der wichtigsten Vorläufer des Surrealismus und der Neuen Sachlichkeit. Im Zentrum der groß angelegten Schau steht mit der metaphysischen Malerei die bedeutendste Werkgruppe, die de Chirico schuf. Die ikonischen Bilder von sonnendurchfluteten leeren Plätzen, in denen das scheinbar Alltägliche mit einer neuen Bedeutung aufgeladen scheint, wirken heute, in Zeiten der Pandemie, besonders eindringlich und aktuell.

Die Hamburger Kunsthalle präsentierte mit 35 metaphysischen Bilder de Chiricos eine bislang ungesehene Qualität und Dichte seiner Arbeiten – ausgewählte Sammlungsbestände und Leihgaben aus namhaften internationalen Institutionen. Insgesamt sind über 80 Meisterwerke zu entdecken. Sie stammen außer von de Chirico von Carlo Carrà, Giorgio Morandi, Alberto Magnelli, Alexander Archipenko, Pablo Picasso sowie Arnold Böcklin und Max Klinger. Ihre Schöpfer wollten eine Realität jenseits des Scheins sichtbar machen und damit die Grundlagen für eine „andere Moderne“ legen.

Zugleich werden die Quellen dieser neuen Haltung und die Bedeutung der verschiedenen kulturellen Einflüsse Europas auf den in Griechenland geborenen und vielgereisten italienischen Künstler de Chirico nachvollziehbar. In einer Verbindung vielfältiger europäischer Einflüsse und angesichts des Ersten Weltkriegs und der Pandemie der Spanischen Grippe sucht de Chirico mit seinen geheimnisvollen, realistisch-präzise präsentierten Möglichkeitswelten Unsichtbares sichtbar zu machen.

Der Maler erschafft eine intensive Stimmung durch überscharf gezeichnete, kulissenartige Objekte und durch Menschen, die wie Puppen in perspektivisch übersteigerten, traumhaft mediterran Räumen agieren, die mit Sonnenschein und bodenlosen Schatten gefüllt sind. Brunnen oder große Uhren verweisen auf die ewige Wiederkehr des Gleichen und hinterfragen das Konzept der Zeit wie des Raumes.

Zur Ausstellung ist ein reich illustrierter Katalog erschienen, der zahlreiche Essays von international renommierten Expert*innen enthält.  Er kann zum Preis von 29 Euro online über freunde-der-kunsthalle.de bestellt werden. Begleitend zur Ausstellung sind zudem zahlreiche digitale Angebote über die Website der Hamburger Kunsthalle abrufbar: die live gestreamte Ausstellungseröffnung, eine fotografische Dokumentation der Räume, eine Bildergalerie zu ausgewählten Werken und ausführliche Texte, in denen die verschiedenen Ausstellungskapitel vorgestellt werden.

http://www.hamburger-kunsthalle.de

Bilder:
Oben: Der Lohn des Wahrsagers (La Récompense du dévin), 1913, Philadelphia Museum of Art, Louise and Walter Arensberg Collection, 1950© (VG Bild-Kunst, Bonn 2019 /Artists Rights Society (ARS), New York / SIAE, Rome, Foto: Philadelphia Museum of Art)
Unten: li: Der beängstigende Vormittag (La Matinée angoissante), Giorgio de Chirico (1888–1978) Mart, Museo di arte moderna e contemporanea di Trento e Rovereto/Collezione VAF-Stiftung (VG Bild-Kunst, Bonn 2021Foto: Mart, Archivico fotografico e Mediateca) / re: Die Eroberung des Philosophen (La Conquête du philosophe), The Art Institute of Chicago, Joseph Winterbotham Collection (VG Bild-Kunst, Bonn 2021,Foto: bpk / The Art Institute of Chicago / Art Resource, NY)