SCHMUCK + IMAGE

Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig zeigt rund 300 Schmuckarbeiten von rund 180 internationalen Schmuckgestalterinnen und Künstlern. Im Fokus stehen Schmuckstücke, die ab 1945 in die Sammlungen des Museums kamen.

Einen besonderen Blick gewährt die Ausstellung auf ostdeutsche Schmuckgestalter/rinnen, die in den ersten Nachkriegsjahren neue Wege beschritten. Sie öffneten das klassische Goldschmiedehandwerk für innovative Gestaltungsideen, oft inspiriert durch die internationale zeitgenössische Kunst. Daraus folgten eine Abkehr von der dekorativen Unverbindlichkeit, eine zunehmende Lust am Materialexperiment und schließlich das Infragestellen der materiellen Bewertung von Schmuck.

Für dieses neue Verständnis von „Schmuck mit künstlerischer Handschrift“ ist seit einiger Zeit der Begriff „Autorenschmuck“ gebräuchlich. Er steht für den Anspruch, sich im großen Reigen der bildenden Kunst als eigenständige Domäne zu behaupten und sich auf der anderen Seite vom klassischen Goldschmiedehandwerk, der Schmuckindustrie sowie vom Modeschmuck abzugrenzen.

Dieser Wandel vollzog sich gegen Ende der 1960er Jahre auf internationaler Ebene, angeführt von Schmuckzentren, an deren Ausbildungsstätten die Avantgarde wirkte und lehrte. Zwei dieser Zentren spielen in der Ausstellung eine besondere Rolle: München und Halle (Saale).

Früh schon hat das Museum Arbeiten von Renate Heintze (1936 – 1991) und Dorothea Prühl (*1937) erworben, die beide an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle lehrten. Mit ihren Kollegen Hermann Jünger (1928 –2005) und Otto Künzli (*1948) aus München verband sie das ambitionierte Ziel, den Schmuck aus seiner dekorativen Unverbindlichkeit zu befreien. Weitere Schwerpunkte der Ausstellung sind Arbeiten der Leipziger Goldschmiedin Monika Winkler (1933-2015) und des Dresdners Rainer Schumann (*1941).

Trotz aller erworbenen Freiheiten ist und bleibt Schmuck eine angewandte Kunst. Sie ist Kunst, die am Körper getragen wird und erst im Zusammenspiel mit der jeweiligen Persönlichkeit ein ganzes Bild ergibt.

Dem zweiten Teil des Ausstellungstitels kommt daher besondere Bedeutung zu. Wie wird Schmuck getragen und welche Perspektiven eröffnen sich für die ihn Tragenden und die Betrachtenden? Die Ausstellung zeigt Beispiele für die Korrespondenz zwischen Schmuck, seinen Trägerinnen und Trägern sowie dem Blick von außen.

Zehn Leipziger Fotografinnen und Fotografen, arrivierte ebenso wie junge Talente, hat
das Museum gebeten, Menschen mit unterschiedlichen Schmuckstücken der Sammlung im Ambiente des Museums zu fotografieren. Die portraitierten Personen sind nicht einfach nur Schmucktragende, sondern wurden aufgrund ihrer intensiven Beziehung zum Museum ausgewählt: sei es als Ausstellungsgestalter, als mehrfache Ausstellerin der Grassimesse, als Reinigungsfachkraft, als Förderer, Mitglied im Freundeskreis oder als Vertreter der Stadtpolitik.

GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Leipzig, http://www.grassimak.de

Bilder:
Oben: Brosche Monica Cecchi Prato, Italien, 2018,
Galerie:  Halsschmuck, Lilli Veers Lüneburg, 2012; Silber / Halsschmuck, Ela Bauer Amsterdam, 2004 / Armschmuck, Monika Winkler Leipzig, 1988 / Armband, Svenja John, Berlin, 2017 / Brosche, Paul Derrez, Amsterdam

(Fotos: Felix Bielmeier)