Roger Ballen. Call of the Void

Das Museum Tinguely zeigt mit Roger Ballen eine Ausstellung, die als achte Folge der Serie Danse macabre Bezug nimmt auf Jean Tinguelys Spätwerk Mengele Totentanz. Dabei ist der Ansatzpunkt hier wieder ein anderer – während es bei Anouk Kruithof. Universal Tongue der Tanz oder bei Bruce Conner. Light out of Darkness die Apokalypse war, die den Anstoss zur Gegenüberstellung gab, ist es im Falle von Roger Ballen die verstörende, irritierende Stimmung seiner Fotografien und Installationen. Ballen hinterfragt in seinem Werk die menschliche Psyche und stellt sich selbst wie auch dem Betrachtenden Fragen nach dem Sein und dem Werden.

Ballen: „Meine Ausstellung, der ich bewusst den Titel „Call of the Void“ (Ruf der Leere) gegeben habe, ist ein Versuch, sich mit den meiner Meinung nach zentralen Fragen der menschlichen Existenz auseinanderzusetzen: Woher kommen wir? Weshalb sind wir hier? Und wohin gehen wir, wenn wir sterben? Ich habe zwar keineswegs den Anspruch, mit Antworten oder auch nur Fragen auf diese tiefgreifenden und schwierigen Themen dienen zu können. Ich hoffe aber, dass meine Ausstellung die Wahrnehmung des Betrachters herausfordern und somit einen Prozess der Selbsterkundung in Gang setzen wird, der mit einer Hinterfragung des Selbstverständnisses verbunden ist“.

Die Ausstellung besteht aus zwei Teilen, die sich aber gegenseitig bedingen und befruchten. Einerseits hängen an den Wänden Fotografien aus den letzten analog aufgenommenen Serien Ballens, und andererseits wird das Zentrum des Raumes von einer Hütte beherrscht, eine ärmliche Behausung von Menschen am Rande der Gesellschaft, wie sie oft in Roger Ballens Werk vorkommen.

Ballen: „Wenn man sich der Hütte in der Mitte des Ausstellungsraums nähert, ist man von Schwarz-Weiss-Fotografien umgeben, die ich meinen Foto-Serien Asylum of the Birds (Asyl der Vögel) und Roger’s Rats (Rogers Ratten) entnommen habe. Einfach ausgedrückt, haben Ratten und Vögel im Laufe der Menschheitsgeschichte Gut und Böse, Dunkelheit und Licht symbolisiert.

Vögel verbinden den Himmel mit der Erde, und Ratten werden zu Unrecht mit Schmutz, Krankheit und Dunkelheit in Verbindung gebracht. Jede Tierart bringt ihre eigene Mythologie mit sich, und wenn man diese in eine Fotografie einfließen lässt, bietet sie unbegrenzte Möglichkeiten, tiefere Bedeutungen zu schaffen, die für die menschliche Existenz relevant sind.“

Das Zentrum der Ausstellung wird von einem Schuppen mit einer geheimnisvollen Tür beherrscht. Wenn man diesen Raum betritt, werden die zweidimensionalen Fotografien zu einer dreidimensionalen Welt erweitert. Die abgenutzten, brüchigen und rohen Wände des Innenraums offenbaren ein Theater des Ballenesken, in dem die menschlichen Figuren Absurdität, Komödie und Tragödie darstellen.

Ist man erst einmal eingetreten, wird man mit Abbildungen, Klängen und Objekten konfrontiert, die den Betrachter zwingen, sich seiner eigenen Leere zu stellen.

Ausstellung bis 29.10.2023, Museum Tinguely, Basel, http://www.tinguely.ch

Bilder:
Oben: Headless 2006
Mitte: Mouth to Mouth, 2013
Unten: Call oft he Void, 2010
courtesy Roger Ballen