
Das Museum Marta Herford zeigt mit die international renommierte Künstlerin Cinthia Marcelle (*1974 in Belo Horizonte) im deutschsprachigen Raum. Seit Ende der 1990er-Jahre setzt sie sich in Videos, Skulpturen, Fotografien, Installationen und Performances kritisch mit etablierten und hierarchisierenden Strukturen in der Gesellschaft auseinander, die unser alltägliches Miteinander bestimmen.

Ihr Schaffen ist eine konsequente Weiterentwicklung der gesellschaftspolitischen Kunstproduktion in Brasilien im 20. Jahrhundert, in der sich Materialexperimente mit konzeptioneller Strenge und einer einzigartigen kollaborativen Praxis verbanden.
Die Ausstellung zeigt neu entwickelte, raumgreifende und materialintensive Installationen, bildgewaltige Videos und konstruktivistische Papierarbeiten von 1998 bis heute. Der Ausstellungstitel ist dem gleichnamigen Essay „Herramientas Desobedientes“ (2018) der mexikanischen Schriftstellerin und Aktivistin Gabriela Jauregui entlehnt. Jauregui beschäftigt sich darin mit der Frage, wie man aus etablierten patriarchalen sowie westlichen Denkmustern ausbrechen kann. Sie erkennt transformatives und emanzipatorisches Potenzial im gemeinschaftlichen Aushandeln verschiedener gleichwertiger Parteien.
In diesem Sinne spiegeln Jaureguis Überlegungen Kernthemen und Arbeitsweisen Cinthia Marcelles Schaffens wider, die auch im Mittelpunkt ihrer Ausstellung im Marta Herford stehen: das Ausbrechen aus etablierten Mustern, die unser Denken bestimmen und hierarchische Strukturen in der Gesellschaft produzieren. Marcelle stellt konventionelle Rollenverteilungen, vertraute Sicht- und Verhaltensweisen sowie vermeintlich feststehende binäre Kategorien wie Ordnung – Chaos, Fiktion – Realität, Regel – Ausnahme, Unterordnung – Widerstand oder Innen – Außen in Frage, um zu verdeutlichen, dass vielfältige Formfindungen und Deutungen möglich sind.
Auf verschiedene Weise wird in Marcelles Schaffen immer wieder deutlich, dass die Bedeutung von Konventionen, Normen, Mustern oder etwa Materialien nie festgeschrieben ist und sich je nach Blickwinkel stets ändern kann.


Ausstellung bis 29.05.2023, Marta Herford, http://www.martha-herford.de
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