
13 Jahre nach der umfassenden Überblicksausstellung zu Jean-Michel Basquiats Gesamtwerk präsentierte die Fondation Beyeler erneut das künstlerische Schaffen des New Yorker Künstlers. Gezeigt wurden großformatige Gemälde, die Basquiat 1982 in der italienischen Stadt Modena für eine geplante Ausstellung malte, zu der es schließlich nicht kam. Mehr als 40 Jahre später versammelte die Fondation Beyeler nun erstmals diese sich mittlerweile in US-amerikanischen, asiatischen und Schweizer Privatsammlungen befindenden Hauptwerke Basquiats, darunter mehrere seiner berühmtesten und wertvollsten Bilder.
Jean-Michel Basquiat (1960–1988) zählte zu den bedeutendsten Künstlern des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Er gelangte Anfang der 1980er-Jahre innerhalb kurzer Zeit zu internationaler Bekanntheit, als die figürliche Malerei eine Renaissance erlebte. Basquiat, eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Kunstwelt, startete im New Yorker Underground als Graffiti-Poet und Musiker, bevor er sich ganz der bildenden Kunst widmete. Seine ausdrucksstarke, energiegeladene Malerei stieß schnell auf Bewunderung.

Mit nur 21 Jahren war er der jüngste Künstler, der zur Teilnahme an der im Sommer 1982 ausgerichteten Kasseler Documenta 7 eingeladen wurde. Von Andy Warhol gefördert, avancierte er zu einem international gefeierten Kunststar. Als Sohn eines haitianischen Vaters und einer Mutter, deren Eltern aus Puerto Rico stammten, schaffte er als erster Schwarzer Künstler den Durchbruch in dem von weissen Protagonisten dominierten Kunstgeschäft. Neben Andy Warhol arbeitete Basquiat mit Keith Haring, Francesco Clemente, Debbie Harry und anderen Künstler/innen und Musiker/innen. Bis zu seinem plötzlichen Tod im August 1988 schuf er in weniger als einer Dekade ein umfängliches Werk von mehr als 1000 Gemälden und Objekten sowie 3000 Papierarbeiten.
Seine erste Einzelausstellung hatte Basquiat 1981 in der Galleria d’Arte Emilio Mazzoli in Modena noch unter seinem auf New Yorker U-Bahnen und Wände gesprayten Künstlernamen SAMO©, der seinen Ursprung in der Zusammenarbeit mit dem Graffiti-Künstler Al Diaz hatte. Der italienische Galerist Emilio Mazzoli war wenige Monate zuvor in der von Diego Cortez kuratierten Gruppenausstellung «New York /New Wave» im P.S. 1 Contemporary Art Center (heute MoMA PS1) in Long Island City auf den jungen Künstler aufmerksam geworden. Er stellte Basquiat Räumlichkeiten und Malutensilien zur Verfügung, damit dieser neue Werke schaffen konnte. Im Frühsommer 1982 kehrte Basquiat auf Einladung Mazzolis für seine erste europäische Ausstellung unter seinem richtigen Namen nach Modena zurück.

Mazzoli verfügte dort über eine Lagerhalle, die Künstler während Arbeitsbesuchen nutzten. So hielt sich etwa Mario Schifano über mehrere Jahre hinweg immer wieder in Modena auf, um Bilder zu malen. Als Basquiat nach Modena kam, traf er auf mehrere Hinterlassenschaften Schifanos: Neben vollendeten Gemälden fand er auch vorbereitete sowie noch nicht benutzte Leinwände vor. Von deren außerordentlicher Größe angesprochen, verwendete er sie für seine eigenen Bilder. So entstand eine Gruppe von jeweils mindestens zwei mal vier Meter messenden Gemälden, die grösser und anders waren als alles, was Basquiat bis dahin gemalt hatte. Durch die rückseitig angebrachte Ortsbezeichnung ‚Modena‘ in Verbindung mit seiner Signatur kennzeichnete er diese Arbeiten als zusammengehörende Werkgruppe.
Unstimmigkeiten zwischen den Galeristin Annina Nosei, die seit Ende 1981 Basquiats Vertreterin in New York war, und Emilio Mazzoli führten zur Aufgabe der geplanten Ausstellung in Modena.
Die acht in Modena gemalten Werke gingen an neue Besitzer: Bruno Bischofberger erwarb vier Gemälde (Profit I,Boy and Dog in a Johnnypump, Untitled [Woman with RomanTorso (Venus)], The Guilt of Gold Teeth); die anderen gelangten in verschiedene internationale Sammlungen.

Heute befinden sich alle acht Bilder in unterschiedlichen Privatsammlungen in den USA, Asien und der Schweiz. Während einzelne davon in Retrospektiven aufeinandertrafen, wurden andere nur selten öffentlich gezeigt. Auch das Projekt der Galleria d’Arte Emilio Mazzoli wurde bisher nicht aufgearbeitet. Dabei gehören die in Modena geschaffenen Gemälde nicht nur zu den bedeutendsten Bildschöpfungen im Œuvre Basquiats und zu den wertvollsten Kunstwerken überhaupt, sondern auch die schließlich gescheiterte Projektidee stellt ein besonderes Ereignis in seiner künstlerischen Karriere dar.
Sam Keller, Direktor der Fondation Beyeler: „Alle ‚Modena Paintings‘ befinden sich heute in Privatsammlungen. Einzelne von ihnen wurden in Basquiat-Ausstellungen gezeigt, aber noch niemals wurden sie nebeneinander in einer gemeinsamen Präsentation wie von Basquiat ursprünglich vorgesehen, zusammengeführt. Dank der langjährigen und guten Zusammenarbeit mit der Basquiat-Familie und Basquiat-Sammlern ist es uns gelungen, alle Werke zu vereinen und so ein Stück Kunstgeschichte nachzuholen.“
Fondation Beyeler, Basel, www.fondationbeyeler.ch
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