
Im Textilmuseum St. Gallen drehte sich alles um die Farbe Weiß. Die Farbe des Lichts, der Wolken, des Schnees: Weiß steht für Freude, Reinheit, Unschuld, für den Neubeginn, den Frieden, die Stille, für die Leere und den Tod. Kaum einer anderen Farbe wird ein ähnlicher Symbolgehalt beigemessen, der sich auch in unseren Kleidungsgewohnheiten spielte die Geschichte der Mode schon früh eine Rolle.
Oft war die Wahl der Farbe der ihr beigemessenen Bedeutung geschuldet und sie wurde bei besonderen Anlässen getragen. Weiße Kleidung galt lange Zeit als Statussymbol, das auf gesellschaftliche Privilegien verwies, denn empfindlich-helle Stoffe konnten nur diejenigen tragen, die nicht körperlich arbeiten mussten wie die „white collar worker“.

Die Farbe Weiß ist nicht nur mit der Vorstellung von geistiger Reinheit, sondern auch mit der körperlichen Hygiene verbunden. Erfreuten sich die Römer noch einer hoch entwickelten Badekultur, so mied man im europäischen Kulturraum Wasser in späteren Jahrhunderten. Reinigende Wirkung versprach man sich von feinen, weißen Leinenhemden, die, wer immer sie sich leisten konnte, unter der Oberbekleidung trug.
Die Vorstellungen von Hygiene und das Wissen um Krankheiten änderten sich im Laufe der Zeit. Man erkannte die gesundheitlichen Vorteile, die ein regelmäßiges Bad und saubere Leibwäsche mit sich brachten. Weiß war lange Zeit die bevorzugte Farbe für Unterwäsche, denn nur ungefärbter Stoff konnte mit chemischen oder mechanischen Verfahren fleckenfrei reingehalten werden. Darüber hinaus war weiße Wäsche, die aufwändig gebleicht und häufig gewechselt wurde, ein Statussymbol wohlhabender Gesellschaftsschichten wie Unterhose, Beinkleid und Mieder aus den kaiserlichen Haushalten von Wilhelm II und Kaiserin Sissi belegen.
Die Gewohnheit, Unterwäsche zu tragen, setzte sich allerdings erst im 20. Jahrhundert allgemein durch. Dazu trugen auf Trikotwaren spezialisierte Textilunternehmen wie Hanro oder Schiesser bei, deren Modelle einen höheren Tragekomfort aufwiesen und die den Anforderungen des modernen Lebens besser entsprachen als die voluminösen, gestärkten Unterkleider früherer Jahrzehnte.
Weiß wird in vielen Kulturen positiv gedeutet. Die Farbe steht aber auch für Privilegien und die vermeintliche kulturelle oder religiöse Überlegenheit bestimmter Gruppen. Und so ist Weiß auch ein Symbol für Diskriminierung, Rassismus und Gewalt, wie sie die Kutte des Ku-Klux-Klans in einer ihrer schlimmsten Formen signalisiert. Die Vorstellung von der Überlegenheit des ‚weißen Mannes‘ rechtfertigte missionarische und koloniale Bestrebungen. Diese prägen unsere Weltordnung bis heute und beeinflussen das gesellschaftliche Miteinander von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe.

In der Ausstellung gab es Kostüme, Accessoires, Modefotografien und Werbeplakate zu sehen, darunter prominente Stücke wie der Tennisdress, den Roger Federer 2008 in Wimbledon trug. Anhand von mehr als 100 Objekten gewährt die Ausstellung Einblicke in die Mode- und Kulturgeschichte einer lichten Farbe, die auch schwarze Schatten wirft.
Textilmuseum St. Gallen
http://www.textilmuseum.ch
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