
Moderne Blicke ist die erste Ausstellung in Deutschland von Amedeo Mogdigliani seit fünfzehn Jahren – zu sehen im Museum Barberini, Potsdam. Sie revidiert sein Image, indem sie ihn als Künstler zeigt, der seinen Blick auf die emanzipierte Frau richtet. Die Ausstellung versammelt 56 Porträts und Akte Modiglianis im Dialog mit 33 Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen von Künstlerinnen und Künstlern wie Gustav Klimt, Jeanne Mammen, Pablo Picasso, Natalja Gontscharowa, Egon Schiele und Paula Modersohn-Becker.

Mandelförmige, blicklose Augen haben Modiglianis Stil unverkennbar gemacht. Mit ihrer stoischen Noblesse sind seine Portraits und Akte Ikonen der Moderne. Wie Frida Kahlo und Pablo Picasso provoziert Amedeo Modigliani Abwehr und Bewunderung.
Lange Zeit wurden Modiglianis Darstellungen von Frauen als Ausdruck des männlichen Voyeurismus betrachtet. Moderne Blicke bewertet das Frauenbild des Malers neu und zeigt ihn als Chronisten eines erstarkenden weiblichen Selbstbewusstseins in den Jahren vor und während des Ersten Weltkriegs. Modigliani porträtierte emanzipierte Frauen mit Kurzhaarfrisur und Männerkleidung – darunter Künstlerinnen, Schriftstellerinnen, Modeschöpferinnen, bevor die Maler der Neuen Sachlichkeit in den 1920er Jahren den neuen Frauentypus der femme garçonne ins Bild setzten.
Auch Modiglianis Akte sind vor dem Hintergrund neu zu bewerten. Mehr als die Nacktheit provozierte die ungewohnte Unabhängigkeit, die sich in den schlanken Körpern der Porträtierten und in der Souveränität ihres Ausdrucks äußerte.



Modigliani wuchs in einem jüdisch liberalen, französisch-italienisches Elternhaus auf. Nach seinem Kunststudium in Venedig und Florenz ging er 1906 nach Paris. Im avantgardistischen Umfeld von Montmartre und Montparnasse porträtierte er Galeristen, Freundinnen und Künstlerkollegen wie Pablo Picasso, Chaïm Soutine und Diego Rivera. Mit Aktgemälden löste er bei seiner ersten Einzelausstellung in den Räumen der Galeristin Berthe Weill 1917 einen Skandal aus.

Erstmals weitet eine Modigliani-Ausstellung den Blick über Paris hinaus und betrachtet sein Schaffen im Kontext der Kunstentwicklung in Europa. Im unmittelbaren Vergleich mit Modiglianis Werken zeigen 33 Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen von Paula Modersohn-Becker, Egon Schiele, Gustav Klimt, Wilhelm Lehmbruck und Ernst Ludwig Kirchner, wie eine junge Künstlergeneration europaweit das Bild des Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts neu formulierte.

Im Zusammenhang mit Ausstellungen über Amedeo Modigliani kam es immer wieder zur Aufdeckung von Fälschungen von Werken des Künstlers. Moderne Blicke zeigt ausschließlich Gemälde, die in dem unumstrittenen, 1971 von Ambrogio Ceroni erstellten Catalogue Raisonné verzeichnet sind. Grundlage für die Auswahl der Papierarbeiten war das Verzeichnis von Osvaldo Patani. Da beide Verzeichnisse Lücken aufweisen, wurden bei allen Exponaten die Provenienzen recherchiert und neue Erkenntnisse gewonnen, die im begleitenden Katalog dokumentiert sind
Die Leihgaben stammen unter anderem aus der Albertina, Wien, dem Centre Pompidou, Paris, dem Courtauld Institute of Art, London, dem Musée de l’Orangerie, Paris, der Phillips Collection, Washington, D.C., der Pinacoteca Agnelli, Turin, der Pinacoteca di Brera, Mailand, dem Metropolitan Museum of Art, New York, und der Tate, London.
Ausstellung bis 18.08.2024, Museum Barberini, Potsdam,
http://www.museum-barberini.de
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.