
Mit William Eggleston (*1939 in Memphis, Tennessee) präsentiert c/o Berlin Fondation eine große Retrospektive des US-amerikanischen Meisters der Farbfotografie. Neben berühmten Serien wie Los Alamos zeigt die Ausstellung auch noch nie gezeigte Werke, darunter Bilder aus der Serie The Outlands und Aufnahmen, die zwischen 1981 und 1988 in Berlin entstanden sind.
In der Dämmerung wachsen die Schatten der Pflanzen geheimnisvoll an der Hauswand entlang. Im Vordergrund dieses Schattenspiels tanzen die letzten Sonnenstrahlen auf dem glänzenden Lack eines metallisch-lilafarbenen Cadillacs. In Rosttönen vervollständigen ein in Backsteinen gemauertes Blumenbeet, die darin gepflanzten Sträucher und die strohgewebten Jalousien in der Fensterfront die Bildkomposition, die zugleich eine unheimliche Ruhe ausstrahlt.
In seiner über fünf Jahrzehnte währenden Karriere hat William Eggleston die Farbfotografie fast im Alleingang als Kunstform etabliert. Neben Stephen Shore und Evelyn Hofer erkannte Eggleston früh die unverwechselbare Kraft der Farbe, ihre einzigartige bildschaffende Qualität zur kontinuierlichen Befragung der Alltagswelt. Ein blaues Sträußchen an einer Haustür, eine bunt gekachelte Gebäudefassade, eine rot gestrichene Zimmerdecke: Schon in der Intensität der Farben lag eine formale und analytische Provokation.


Eggleston sah die Schönheit und das Geheimnisvolle im Alltäglichen und verlieh seinen Bildern ein Element des Rätselhaften, das besonders durch die Wechselbeziehung der Farbe zur Wahrnehmung besticht. Seine Faszination für die poetische Visualität des amerikanischen Südens veranlasste Eggleston, seine unmittelbare Umgebung zu erforschen, auch wenn er im Laufe seiner Karriere quer durch die Vereinigten Staaten und die ganze Welt reiste. Seine Kamera stets bei sich, fotografierte er alles mit derselben Feinsinnigkeit. Folglich hat sich sein Ruf als Pionier der Farbfotografie in der ganzen Welt verbreitet.
In seiner frühen Schaffensphase prägten Eggleston noch die Werke von Walker Evans und Henri Cartier-Bresson, die den narrativen, dokumentarischen Stil begründeten, der die fotografische Praxis bis in die 1960er Jahre bestimmte. Durch die Verwendung von Farbe schlug er jedoch schon bald eine gänzlich andere Richtung ein, und das Pathos des einen wurde ihm ebenso fremd wie der entscheidende Augenblick des anderen. William Egglestons Einzelausstellung im Museum of Modern Art, New York, im Jahr 1976, die von John Szarkowski kuratiert wurde, war die erste Präsentation von Farbfotografie in diesem Museum. Die Ausstellung und der begleitende Katalog, William Eggleston‘s Guide, gelten heute weithin als Schlüsselmoment für die Aufnahme des Mediums in den kunsthistorischen Kanon.
Ausstellung 28.01.-04.05.2023, C/O Berlin Fondation, Amerika Haus, Berlin
http://www.co-berlin.org
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