
Eine unangefochtene Regel im Museumsbetrieb lautet: „Bitte die Kunstwerke nicht berühren!“. Aus konservatorischen Gründen ist es tabu, ausgestellte Objekte mit bloßen Händen anzufassen. Nicht so in dieser Ausstellung: Es war die erste umfangreiche Präsentation in einem Museum, die die Besuchenden explizit dazu einlädt, sämtliche Skulpturen zu ertasten. Linien dürfen mit den Händen nachgezeichnet und Konturen erspürt werden.
Die sinnlichen Reize von Craggs Arbeiten rücken so ins Zentrum der Ausstellung: Neben den plastischen und stofflichen Eigenschaften treten die bewegten Formen in den Vordergrund der Wahrnehmung und ermöglichen eine intensive körperliche Begegnung mit den Werken – ein „Erfassen“ im doppelten Wortsinn.
Es gibt kaum jemanden, der die Skulpturen von Tony Cragg nicht berühren möchte. Dass dies in einem Museum normalerweise nicht möglich ist, hat gute Gründe: Es ist die Aufgabe eines Museums, Kunstwerke für zukünftige Generationen zu bewahren. Berührung hinterlässt Spuren und Schäden durch Abrieb oder chemische Reaktionen.

Die gezeigten Skulpturen stammen direkt vom Künstler und werden im Anschluss an die Ausstellung durch Tony Cragg überarbeitet. Nur dank seines außergewöhnlichen Einsatzes ist diese besondere Form der Präsentation möglich“, erläutert Felix Krämer, Generaldirektor am Kunstpalast und gemeinsam mit Tony Cragg Kurator der Schau.
Die Kälte von Stein trifft auf die Wärme von Holz, die Glätte von Glas auf die Härte von Stahl: Ein zentrales Anliegen von Tony Cragg (*1949) ist die Erforschung der materiellen Welt. Welche Gefühle und Bedeutungen durch den Einsatz verschiedener Werkstoffe hervorgebracht werden, interessiert den Bildhauer schon lange. Seine Skulpturen zeichnen sich durch eine enorme Form- und Materialvielfalt aus, die in der etwa 60 Werke umfassenden Schau des Düsseldorfer Kunstpalastes sichtbar und ausnahmsweise auch spürbar wird.
Tony Cragg (*1949, Liverpool, England)
Nach dem Schulabschluss arbeitete Tony Cragg als Labortechniker im Bereich der biochemischen Forschung. 1969 wurde er am Gloucestershire College of Art and Design in Cheltenham und später an der Wimbledon School of Art in London aufgenommen. 1973 schrieb er sich am Royal College of Art in London ein, wo er sich auf Bildhauerei konzentrierte. Seine erste Professur nahm Cragg 1976 an der École des Beaux-Arts in Metz an. Im darauffolgenden Jahr zog er nach Wuppertal, wo er bis heute lebt und 2008 den Skulpturenpark Waldfrieden gründete.

Von 1978 bis 2016 lehrte Cragg an der Düsseldorfer Kunstakademie, mehrere Jahre als deren Direktor. Cragg hat in den wichtigsten Museen der Welt ausgestellt. Seine Werke befinden sich unter anderem im Museum of Modern Art, New York, Tate Collection und im Centre Pompidou, Paris.
http://www.kunstpalast.de
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