Mondrian Evolution

Anlässlich seines 150. Geburtstags widmet die Fondation Beyeler dem niederländischen Maler Piet Mondrian (1872–1944) eine umfassende Ausstellung. Als einer der bedeutendsten und vielseitigsten Künstler der Avantgarde hat Mondrian die Entwicklung der Malerei von der Figuration zur Abstraktion maßgeblich geprägt. Die Ausstellung bietet die seltene Gelegenheit, Mondrian, der nicht nur die Kunst des 20. Jahrhunderts, sondern auch weitere Bereiche wie Design, Architektur, Mode und Popkultur wesentlich beeinflusste, auf eine neue Weise zu entdecken und kennenzulernen.

Mondrians frühe Arbeiten waren von der niederländischen Landschaftsmalerei des späten 19. Jahrhunderts bestimmt, aber auch der Symbolismus und Kubismus waren für seinen künstlerischen Werdegang von großer Bedeutung.

Erst ab Anfang der 1920er-Jahre verlegte sich Mondrian auf eine komplett gegenstandslose Bildsprache, die sich auf die rechtwinklige Anordnung von schwarzen Linien mit Flächen in Weiß und den drei Grundfarben Blau, Rot und Gelb beschränkte.

Die Ausstellung ist chronologisch aufgebaut, lebt jedoch nicht zuletzt von der Gegenüberstellung von frühen und späten Werken, die den Wandel in Mondrians Schaffen hervortreten lassen. In neun Ausstellungsräumen begegnet man wiederkehrenden Motiven im Werk des Künstlers, darunter Windmühlen, Dünen, das Meer, sich im Wasser spiegelnde Bauernhöfe und Pflanzen in verschiedenen Abstraktionsstufen.

Die Ausstellung präsentiert außerdem das stimmungsvolle Werk ‚Die rote Wolke‘ von 1907, das den magischen und flüchtigen Moment einfängt, in dem eine Wolke durch die tief stehende Sonne rot gefärbt wird, wohingegen sich die Landschaft und der übrige Himmel noch strahlend blau darbieten. Das Bild gehört zu einer Gruppe von Werken, die Mondrian in der Dämmerung gemalt hat, wenn sich die Farben und Farbkombinationen stark verändern.

Mondrians 1908 entstandenes großformatiges Gemälde ‚Wald bei Oele‘ aus dem Kunstmuseum Den Haag zeigt einen Blick in Richtung Sonne, die über dem Horizont steht. Durch die hintereinander gestaffelten, im Gegenlicht rot oder violett erscheinenden Baumstämme wird die Illusion von Räumlichkeit erzeugt. Nach den Farbexplosionen der Jahre 1907 bis 1911 griff Mondrian, angeregt durch die Begegnung mit dem Kubismus in Paris, auf weniger strahlende Farben zurück. Grau- und Ockertöne bestimmten nun den Gesamteindruck der Gemälde, und die Linie als solche wurde immer wichtiger.

Der 1872 in Amersfoort in den Niederlanden geborene Mondrian kam bereits früh mit der Kunst in Berührung: Der Vater war Zeichenlehrer, der Onkel ein erfolgreicher Amateurmaler, der von der Den Haager Schule der Landschaftsmalerei, einer spezifisch niederländischen Form des Impressionismus, beeinflusst war. Nach einer calvinistischen Erziehung und der Ausbildung zum Zeichenlehrer studierte Mondrian zwischen 1892 und 1895 an der Rijksakademie van Beeldende Kunsten in Amsterdam. Er arbeitete weiter als Zeichenlehrer, malte Porträts auf Bestellung und fertigte wissenschaftliche Zeichnungen für die Universität Leiden an.

Die letzten 25 Jahre seines Lebens verbrachte Mondrian in den drei kulturell wichtigsten Metropolen der Moderne: Paris, London und New York. Von Ende 1911 bis 1938 lebte er, mit einer durch den Ersten Weltkrieg bedingten Unterbrechung, in Paris. Nach einer Zwischenstation in London zog er 1940 nach New York, wo er 1944 im Alter von 71 Jahren starb.

Als Mitglied der Theosophischen Gesellschaft legte Mondrian großen Wert auf Internationalität. Seit den 1920er-Jahren war er als Avantgardist und Mitbegründer der abstrakten Malerei eine Berühmtheit. Seine jeweiligen Ateliers wurden legendäre Orte, die außerordentlich inspirierend wirkten, vor allem für jüngere Künstlerinnen und Künstler, darunter Willem de Kooning und Lee Krasner.

Ausstellung bis 09.10.2022, Fondation Beyeler, http://www.fondationbeyeler.ch

Bilder:
Oben: Kirchturm in Domburg, 1911, Kunstmuseum Den Haag, Niederlande, Vermächtnis Salomon B. Slijper, 2022 Mondrian/Holtzman Trust (Foto: Kunstmuseum Den Haag)
Mitte re: Die rote Wolke
Mitte li: Wald bei Oele, 1908, Kunstmuseum Den Haag, Niederlande, Vermächtnis Salomon B. Slijper, 2022 Mondrian/Holtzman Trust (Foto: Kunstmuseum Den Haag)
Unten: li: Komposition mit Gelb und Blau, 1932, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler; erworben mit einem Beitrag von Hartmann P. und Cécile Koechlin-Tanner, Riehen, Mondrian/Holtzman Trust (Foto: Robert Bayer, Basel) / mi: Rautenkomposition mit acht Linien und Rot, Picture No. III, 1938, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, Sammlung Beyeler, Mondrian/Holtzman Trust (Foto: Robert Bayer, Basel) / re: Nr. VI / Komposition Nr. II, 1920, Tate, Ankauf 1967, 2021 Mondrian/Holtzman Trust (Foto: Tate)